Welche Bilder, welchen Fall soll ich veröffentlichen?

Appendicitis epiploica am C. descendens
Appendicitis epiploica: Man freut sich, dem Patienten eine Operation erspart zu haben.

Die Idee einen Fall zu veröffentlichen kommt in der Regel, wenn der Fall etwas Besonderes hat. Dabei wird man sich am Anfang seiner radiologischen Karriere wohl auch noch über einen Lobus venae azygos oder eine Appendicitis epiploica freuen, später hat man so viele davon gesehen, dass man das nicht mehr als würdig für eine Veröffentlichung einschätzen wird: „Das kennt ja schon jeder!“ – Was natürlich nicht ganz stimmt! Dafür braucht man sich eben nur an seine eigenen Anfänge erinnern. Eines der ersten Bilder, die ich (damals noch in der Chirurgie) gesammelt habe, war ein großes verkalktes Uterusmyom bei einer alten Frau mit pertrochantärer Fraktur.  Ich hatte noch nicht viele Uterusmyome gesehen und war beeindruckt. Selbst wie gesagt noch in der Chirurgie tätig hieß es nun, den Radiologen zu überzeugen, dass es sich doch lohnen würde, von diesem Bild eine Kopie zu machen. Die Größe des Myoms, die auch noch für den erfahrenen Radiologen ungewöhnlich war, hat mir da letztlich geholfen.

Uterusmyom
Damals musste jedes Bild in der Dunkelkammer händisch kopiert werden.

Auch wenn ich damals (1995) noch gar keine rechte Vorstellung davon hatte, was ich denn nun eigentlich mit diesem Bild tun würde. Ein Zugang zum Internet war noch eher exotisch. Wikipedia kam erst knapp 6 Jahre danach. Also landete die Kopie erst mal in einer Röntgentüte. Ich habe dieses Bild bis heute zwar nie veröffentlicht, aber es war klar, dass es etwas Besonderes war und ich wollte es nicht einfach im Archiv verschwinden lassen. Na, und jetzt bekommen Sie es dann doch noch zu sehen: Haben Sie schon mal ein so großes Uterusmyom gesehen?

Es soll Spaß machen !

Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Wenn Sie ein Bild selbst als besonders wahrnehmen, dann lohnt es sich immer, über eine Veröffentlichung für andere nachzudenken. Denn dann hat das Bild ja offensichtlich eine Eigenschaft, die für Sie zumindest interessant, wenn nicht lehrreich war. Sei es dass etwas

  • sehr Seltenes abgebildet wurde
  • besonders typisch getroffen wurde (klassische Kriterien einer Pathologie)
  • besonders Atypisches gefunden wurde (Fett in malignem Nierentumor)
  • leicht zu übersehen war (aber Sie haben es natürlich gefunden 😉 )
  • zunächst auf die falsche Fährte geführt hat (DD-Spektrum, Pitfall)
  • eine Aufnahme technisch besonders gelungen ist („So soll es aussehen!“)
  • ein Artefakt in typischer Weise zeigt
  • oder ….

Derjenige, der die Radiologie mit einer gewissen Freude, vielleicht sogar Leidenschaft betreibt, wird wissen, was ich meine. Er (oder natürlich auch sie) wird das Gefühl genau kennen, wenn man in der täglichen Routine plötzlich einen „Schatz“ gefunden hat. Das Highlight des Tages, das einen speziell dann freut, wenn man der Einzige war, der das Besondere erkannt hat.

Karpale Koalition
Seltener Fall einer karpalen Koalition: Fusion von Os capitatum und Os trapezoideum (am häufigsten ist lunotriquetral).

In der Besprechung mit den Unfallchirurgen wird es wohl häufig auch vorkommen, dass die nötige Würdigung eher schmal ist: „Karpale Koa.Was? Ja ist es denn nun gebrochen?“ (… ja, ich weiß…)

Aber dann ist es um so mehr schade, den Fund einfach auf Nimmerwiedersehen im Pacs verschwinden zu lassen. Mir zumindest reicht das dann als Motivation, das Bild für eine Veröffentlichung im Netz bei Wikipedia oder zumindest bei Commons aufzubereiten.

Insofern sollte die Überschrift dieses Beitrags vielleicht besser lauten „Welche Bilder, welchen Fall will ich veröffentlichen?“ Ja. Ich stehe dazu, dass ich das mache, weil es Spaß macht. Wenn dann für andere noch ein Nutzen dabei herauskommt: Um so besser!

Man kann einwenden, dass das Zusammentragen von guten Röntgenbildern anankastische Züge eines Philatelisten hat. Mag sein. Mit dem Vorwurf kann ich gut leben, zumal es eben Spaß macht. Und sicher kann man auch in der Philatelie verschiedentlich Sinn finden; aber das öffentliche Sammeln von lehrreichen radiologischen Bildern hat, sorgfältig betrieben, sicher noch einen Wert, der über persönliche Befriedigung hinaus geht.

Konventionelles Archiv
Die Zeiten, in denen Röntgenbilder im Keller verstauben sind so gut wie vorbei.

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